Die polizeiliche Kriminalstatistik zeigt für 2022 einen signifikanten Anstieg der Gesamtanzeigen um 19 Prozent oder 77.992 Anzeigen (2021: 410.957, 2022: 488.949 Anzeigen), damit ist das Anzeigenniveau wieder auf gleicher Höhe wie vor der COVID-19 – Pandemie (2019: 488.912 Anzeigen). Die Pandemie und die gesetzten Maßnahmen zu deren Eindämmung haben zunächst einen kontinuierlichen Rückgang begünstigt, nach der Beendigung dieser Maßnahmen stiegen die polizeilichen Anzeigen wieder deutlich an.
2022 gelang es erneut, trotz der im Vergleich zu den Vorjahren gestiegenen Mehrzahl an Anzeigen, die Aufklärungsquote mit 52,2 Prozent auf hohem Niveau zu halten. Das sechste Jahr in Folge liegt die Aufklärungsquote über 50 Prozent. Die Internetkriminalität ist auch 2022 wieder gestiegen: Der Aufwärtstrend bei der Anzeigenerstattung hält weiter an. 2022 wurde ein Höchstwert von 60.195 Anzeigen registriert (2021: 46.179). Im Bereich Cybercrime stiegen die Anzeigen um +44,5 Prozent im Vergleich zum Vorjahr, beim Internetbetrug stieg die Anzahl der Anzeigenlegung um +23,1 Prozent. Innerhalb der letzten 10 Jahre hat sich die Zahl der Anzeigen bei den pornographischen Darstellungen von Minderjährigen fast vervierfacht. Die steigende Verlagerung des realen Lebens in die digitale Welt bildeten einen guten Nährboden für Verbrechen im Internet. Große Auswirkungen hatte die Pandemie auch auf Eigentumskriminalität, nachdem die Anzeigen im Jahr 2021 auf 108.613 Anzeigen gesunken sind, stiegen diese 2022 wieder auf 139.018. Öffentliche Orte, die Straße und der Parkplatz stellten 2022 die häufigste Tatörtlichkeit dar.
Die Belastungskennzahlen, angegeben als Durchschnittswerte pro 100.000 Einwohner, zeigen eine positive Entwicklung: Die Gesamtkriminalität hält sich in einem relativ konstanten Bereich, aktuell bei 5.065 Delikten im 5-Jahres-Schnitt, die korrespondierende Aufklärungsquote liegt bei 54 %. Das Vertrauen der Bevölkerung in die Polizei liegt auf einem hohen Niveau von 88 %.
Die Suchtmittelkriminalität ist im Vergleich zum Vorjahr nur leicht von 34.837 auf 34.928 getätigten Anzeigen gestiegen, seit 2017 (42.610) ist sie jedoch deutlich zurückgegangen.
Im Bereich Eigentumskriminalität wird die Qualität der Tatortarbeit kontinuierlich weiterentwickelt: 38 % der daktyloskopischen Spuren bei Eigentumskriminalität mit verstärkter Eingriffsintensität waren für eine Zuordnung brauchbar. Der Zielwert von 6.402 der nationalen Treffer in nationalen und internationalen biometrischen Datenbanken konnten mit 7.709 Treffern überpanmäßig erreicht werden. Außerdem konnten 2022 7 Schulungen im Bereich OSINT „Open Source Intelligence“ bei Bediensteten der Analysebereiche in den Landeskriminalämtern durchgeführt werden, was der Ermittlungsqualität zugutekommt. Das Ziel wurde überplanmäßig erreicht. Weiters konnten 316 Täteridentifizierungen mittels Gesichtserkennung durchgeführt werden, der Zielwert von 50 wurde somit weit überschritten.
Bei dem Ziel Korruption nachhaltig Einhalt zu gebieten, werden Erfolge erzielt. 2022 wurden 91 % der Ermittlungsverfahren im Bereich Korruption abgeschlossen, diese machten einen geringen Anteil an der Gesamtkriminalität von 0,23 % aus. Die Maßnahme „Bekämpfung von Korruption“ des Wirkungsziels wurde aufgrund der inhaltlichen Übereinstimmung dem SDG-Unterziel „Korruption und Bestechung in allen ihren Formen erheblich reduzieren“ zugeordnet.
Cybercrime ist ein globales Phänomen und kein Land kann sich von diesen weltweiten Entwicklungen abschirmen. Neue Technologien eröffnen dabei für Kriminelle weitere Angriffsziele. Diese Entwicklung wurde durch die Schließung weiter Bereiche des öffentlichen Lebens im Zusammenhang mit der Bekämpfung der Pandemie weiter beschleunigt. Im Bereich der Kennzahlen zu Cyber-Kriminalität ist erneut ein Anstieg der Anzeigen pro 100.000 Einwohner im Durchschnitt von drei Jahren (2022: 508, + 9 %) zu verzeichnen. Die korrespondierende Aufklärungsquote ist konstant zum Vorjahr und liegt bei 34 %. Folgende Gegenmaßnahmen werden ergriffen:
Die Polizei setzt einen ihrer strategischen Schwerpunkte auf die Bekämpfung der Internetkriminalität: Es wird sowohl eine quantitative als auch eine qualitative Steigerung des Personals geben. Das Cybercrime-Competence-Center im Bundeskriminalamt wird auf über 100 Stellen aufgestockt. Außerdem wird bei der laufenden Kriminaldienstreform auf die Aus- und Weiterbildung der Polizistinnen und Polizisten gesetzt und die Präventionsarbeit bei der Initiative GEMEINSAM.SICHER verstärkt. Um auf aktuelle Betrugsphänomene rasch reagieren zu können, wurde im Sommer 2021 ein spezielles Auswertungsteam in der Abteilung für Wirtschaftskriminalität eingerichtet, das täglich neue Betrugsphänomene screent und analysiert, Strategien erarbeitet und zielgruppengerechte Präventionsarbeit in die Wege leitet. Auch im Jahr 2022 wurde dieses Thema forciert und weiterentwickelt.
Darüber hinaus konnte das Ziel bei fallbezogenen Ermittlungskooperationen mit anderen Organisationseinheiten bei komplexen IT-Ermittlungsansätzen übertroffen werden (2022: 17). Es konnten 3.737 Präventionsveranstaltungen bzw. -gespräche zur Computer- und Internetkriminalität vor allem online durchgeführt werden, der Zielwert mit 1.405 wurde weit überschritten. Der Fokus der Präventionsarbeit liegt im Themenfeld der Computer- und Internetkriminalität klar in verhaltensorientierten Maßnahmen und nicht auf der Vermittlung von technischen Fähigkeiten.
Kriminalitätsphänomene zeichnen sich durch eine verstärkte internationale Komponente aus. Neben internationaler Vernetzung im Bereich Sicherheit ist auch eine gemeinsame, vor allem intereuropäische Kriminalitätsbekämpfung ein wichtiges Ziel. Das Auslandsengagement des BMI wird daher verstärkt verfolgt – die Entsendung von Beamtinnen und Beamten im Rahmen von FRONTEX, bi-/multilateralen Entsendungen, Dokumentenberater und Missionen der EU und Vereinten Nationen betrug 2022 50.855 Einsatztage (Ziel 2022: 35.600). Das Ziel konnte überplanmäßig erreicht werden. Das Ziel der fremden- und grenzpolizeilichen Einheit Puma von 80.000 Einsatzstunden zur Bekämpfung irregulärer Migration und Schlepperei konnte mit knapp 1.797.084 Einsatzstunden weit übertroffen werden, da sich aufgrund innerorganisatorischen Umgestaltungen im Jahr 2022 die statistische Zählweise und Auswertung im Laufe des Jahres geändert hat.
Die Bekämpfung der Kriminalität ist Kernaufgabe des Bundesministeriums für Inneres. Kriminalität verursacht nicht nur enorme materielle Schäden, sondern führt bei den Opfern zu großem körperlichen und seelischen Leid. Eine effektive Kriminalitätsbekämpfung schafft Vertrauen der Menschen in die Polizei. Damit wird auch ein Beitrag zum Sustainable Development Goal 16 (Frieden, Gerechtigkeit und starke Institutionen), aber auch zu den SDG-Subgoals 16.5 (Korruption) und 16.1 (Alle Formen der Gewalt und die gewaltbedingte Sterblichkeit überall deutlich verringern) geleistet.