Gewalt tritt in allen Gesellschaftsschichten und Altersgruppen in den verschiedensten Ausprägungen auf. Zur Gewaltkriminalität zählen strafbare Handlungen gegen Leib und Leben, gegen die Freiheit und gegen die sexuelle Integrität und Selbstbestimmung, die vorsätzlich begangen werden. Die Anzahl an Gewaltdelikten ist 2019 gestiegen, insgesamt wurden 73.079 Delikte zur Anzeige gebracht (+5,3 % gegenüber 2018), die Aufklärungsquote betrug hohe 85 %. Betrachtet man die Belastungskennzahlen im langjährigen Durchschnitt, sieht man eine positive Entwicklung: die Anzahl der Gewaltdelikte mit Täter-Opfer – Beziehung pro 100.000 Einwohner im Durchschnitt der vergangenen fünf Jahre ist im Vergleich zum Vorjahr von 427,6 auf 413 gefallen, das Ziel wurde erreicht. Ebenso liegt die Aufklärungsquote bei Gewaltdelikten im Durchschnitt der letzten fünf Jahre 2019 bei hohen 83,7 %.
In den meisten Fällen (2019: 59,6 %) besteht eine Beziehung zwischen Täter und Opfer, oft in einem direkten familiären Zusammenhang. Von den insgesamt 81.830 Opfern von angezeigten Gewalttaten, waren 43,6 % (-1,0 % gegenüber 2018) der Opfer weiblich und 7,7 % Kinder. Laut Weltgesundheitsorganisation ist Gewalt in der Privatsphäre eines der weltweit größten Gesundheitsrisiken für Frauen und Kinder. Für das BMI stellt die Bekämpfung von Gewalt insbesondere gegen Frauen und Kinder daher eine hohe Priorität dar. 2019 wurde im Rahmen des Gewaltschutzgesetzes ein ganzheitliches Maßnahmenpaket beschlossen, um gezielt Schutz vor Sexual- und Gewaltverbrechen zu verfolgen. Die Verschärfungen im rechtlichen Bereich betreffen eine Verbesserung des Instruments Betretungsverbot, verpflichtende Täterarbeit, Verlängerung der Datenspeicherung auf drei Jahre, vereinheitlichte Meldepflicht in Gesundheitsberufen und ein erhöhter Strafrahmen. Das Betretungsverbot ist nach wie vor ein wirksames polizeiliches Instrument zum Schutz von Frauen vor Gewalt im sozialen Naheverhältnis. Gefährder konnten zu 93,5 % nachhaltig ferngehalten werden.
Im Sinne eines gesamtheitlichen Ansatzes wurde auch der Fokus im Bereich Präventionsarbeit, Information und Opferstärkung weiter verfolgt. Das ist besonders wichtig um das Dunkelfeld im Problemfeld häusliche Gewalt zu reduzieren, da nur ein geringer Prozentsatz an Gewaltdelikten im familiären Umfeld angezeigt wird. Diese Situation soll durch einen leichteren Zugang zu Information und Aufklärung, diversen Beratungs- und Betreuungsangebote sowie durch den Einsatz von speziell geschulten Bediensteten am Einsatzort reduziert werden. Die Initiative GEMEINSAM.SICHER leistet hier einen aktiven Beitrag – Ziel ist es als „Gesellschaft des Hinsehens und aktiven, verantwortungsvollen Handelns“ die Sicherheit positiv zu entwickeln. Darüber hinaus wurden 2019 10.213 Gespräche und/oder Veranstaltungen zur Gewaltprävention und 864 Maßnahmen zur Sexualdeliktsprävention durchgeführt.
Um Strukturelle Gewalt frühzeitig zu erkennen und zu verhindern ist der Bereich Jugendprävention besonders wichtig. Diverse Maßnahmen (insbesondere im Bereich Gewalt im digitalen Raum) im Rahmen des Jugendprogramms „UNDER 18“ sowie die Initiative Kinderpolizei, an der 2019 37.976 SchülerInnen teilnahmen sind hier wichtige Standbeine. Dabei stärken PolizistInnen das Bewusstsein der Kinder für Gefahren. Der Anteil jugendlicher Täter bei Gewaltdelikten verhält sich die letzten Jahre stabil niedrig bei ca. 10 %, obwohl eine geringfügig steigende Tendenz zu erkennen ist.
Aufgrund der Häufung von Frauenmorden wurde 2019 im Bundeskriminalamt eine Screening-Gruppe eingerichtet, die sich aus ExpertInnen und Experten aus Polizei, Kriminalpsychologie und dem Institut für Strafrecht und Kriminologie der Universität Wien zusammensetzt. Basierend auf der Untersuchung der Motiv- und Ausgangslage wurden in den Bereichen der Gefährdungserkennung, Behördenvernetzung und Täterarbeit Empfehlungen erarbeitet, welche sich in Umsetzung befinden.