Der Schutz der österreichischen Bevölkerung und ihres Lebens- und Wirtschaftsraums vor Naturgefahren konnte im Jahr 2023 auch unter Bezugnahme auf den strategischen Rahmen der Hochwasserrisikomanagementpläne überwiegend erreicht werden. Zwei Kennzahlen wurden überplanmäßig erreicht („Summe des geschaffenen Rückhalteraums für Wasser“, „Summe des geschaffenen Rückhalteraums für Feststoffe“) und eine Kennzahl des Wirkungsziels wurde zur Gänze erreicht („Jährlich hochwasserfreigestellte Gebäude seit dem Jahr 2013 mit einem Mindestschutz vor einhundertjährlichem Hochwasser“). Der Anstieg der Kennzahl „Liegenschaften in Roten Gefahrenzonen“ hängt überwiegend von der Übernahme von Flächen der Bundeswasserbauverwaltung (dicht besiedelte Gebiete) und deren Neubeurteilung nach wildbach- und lawinentechnischen Gesichtspunkten ab, wodurch auch die Anzahl der Liegenschaften in der Roten Zone gestiegen ist.
Die dem Wirkungsziel zugeordnete Maßnahme „Umsetzung der EU-Hochwasserrichtlinie, Erhaltung, Verbesserung und Erneuerung der Wirkung von Schutzmaßnahmen gegen Naturgefahren und der Schutzwälder sowie Einzugsgebietsbewirtschaftung“ konnte überwiegend umgesetzt werden; die Maßnahme „Stärkung der Risikokommunikation über Naturgefahren durch flächendeckende Gefahrenzonenplanungen und deren öffentliche Informationsbereitstellung im Internet sowie institutionalisierte Kooperation der Akteure im Naturgefahren- und Katastrophenmanagement auf nationaler Ebene (Naturgefahrenplattform) unter Berücksichtigung der Genderziele (Netzwerk „women exchange for Disaster Risk Reduction“)“ wurde überplanmäßig erreicht.
Im Bereich des Wasserbaus wurden insgesamt 773 Maßnahmen mit einem finanzierungsrelevanten Investitionsvolumen von 210,54 Mio. Euro (davon 102,64 Mio. Euro Bundesmittel) neu genehmigt und begonnen. Aus dem Budget 2023 wurden vom Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft – auch für die Fortführung von bereits in den Vorjahren begonnenen Maßnahmen – Bundesmittel in der Höhe von 111,062 Mio. Euro ausbezahlt, davon 92,376 Mio. Euro aus dem Katastrophenfonds des Bundes. Insgesamt erfolgten Ausgaben für 1.085 Maßnahmen (einschließlich der neu genehmigten Maßnahmen). Der hohe Wirkungsgrad der bestehenden Schutzmaßnahmen konnte durch die Verhinderung zahlreicher Katastrophen in gesicherten Einzugsgebieten nachgewiesen werden.
Im Bereich der Wildbach- und Lawinenverbauung konnten in allen sechs Kernleistungsfeldern (Naturgefahreninformation, Gefahrenzonenplanung, Sachverständigentätigkeit, Maßnahmenplanung, Maßnahmensetzung, Investitionsmanagement) sämtliche gesetzten Ziele und Vorgaben umgesetzt werden. Hervorzuheben sind die Anstrengungen, die erreichte Flächendeckung mit Gefahrenzonenplänen (100 % Ausstattung aller Gemeinden mit Einzugsgebieten nach § 99 Forstgesetz) mittels Revisionen auf aktuellem Stand zu halten sowie die vollständige Umsetzung von 852 Schutzmaßnahmen der Wildbach- und Lawinenverbauung (WLV) mit Gesamtinvestitionen von 209,47 Mio. Euro (davon 113,90 Mio. Euro Bundesmittel). Eine weitere Schwerpunktsetzung ist aufgrund der spürbaren Veränderungen durch den Klimawandel im Naturraum im Bereich der Steinschlag-Felssturzsicherung sowie der Stabilisierung von Rutschhängen in Entwicklung. Nicht unerwähnt sollen die Investitionen in die Erhaltung und den Ausbau objektschutzwirksamer Schutzwälder sein, die durch die Dienststellen der Wildbach- und Lawinenverbauung und der Landesforstdienste getätigt werden. Der Anteil an flächenwirtschaftlichen Maßnahmen an den Gesamtinvestitionen im Jahr 2023 betrug 8,84 %.
Die Wirkungen der Maßnahmen bestätigen im Wesentlichen die festgelegten Schutzziele und Schutzstrategien, sodass das abstrakte Schutzniveau in Österreich nachweislich gestiegen ist. Insbesondere tragen die Wirkung der Gefahrenzonenpläne in der Raumplanung, die Sanierung der Schutzwälder sowie die Umsetzung neuer Schutzvorhaben bzw. die Erhaltung des Bestandes zur signifikanten Risikoreduktion bei. Die Umsetzung des Aktionsprogramms „Wald schützt uns!“ schreitet stetig voran. Im Jahr 2023 konnten weitere zahlreiche Meilensteine umgesetzt werden. Das sind unter anderem eine Digitalisierungsoffensive im Bereich der Kenntnis zu Standortschutzwäldern, Bannwäldern, Auwäldern und Windschutzanlagen, Publikation von Risikokarten zu Waldbrand in Österreich, eine Studie zur Verfügbarkeit von zertifiziertem Saat- und Pflanzgut im Bereich Schutzwald sowie die laufende Erweiterung einer eigenen Homepage mit umfangreichen Informationen zum Schutzwald in Österreich, die auf Deutsch und Englisch publiziert wurde (www.schutzwald.at).
Gegenüber dem Vergleichszeitraum haben sich die naturräumlichen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen – auch aufgrund des Ukraine-Krieges – erheblich verändert. So ist eine überdurchschnittliche Verminderung der Investitionswirkung infolge hoher Inflation, Preisanstiege bei Energiekosten sowie höhere Lohnabschlüsse beobachtbar, was insgesamt die Projektkosten erhöhte und gleichzeitig damit den Gesamtumfang an geplanten Investitionen (Anzahl an Projekten) reduzierte. Naturräumlich hat sich vor allem in den Objektschutzwäldern in Oberkärnten, Osttirol und Nordtirol eine drastische Verschlechterung der Objektschutzwirkung der Schutzwälder abgezeichnet, die – ausgehend von Sturm- und Windwurfereignissen 2018, 2019 sowie 2023 – zu einem verstärkten Borkenkäferbefall und damit auch einem großflächigen Verlust der Schutzwirkung der Wälder geführt hat. Zahlreiche Waldbrände haben zudem im Berichtsjahr zu einer zusätzlichen Verschärfung der Situation in Schutzwäldern geführt.
Das Risikopotential durch Naturgefahren in Österreich ist – in Abhängigkeit von der Klimaentwicklung und dem Witterungsverlauf – latent hoch und erfordert eine nachhaltige Fortsetzung der Schutzleistungen der Wildbach- und Lawinenverbauung sowie der Bundeswasserbauverwaltung mit steigendem Niveau. Ursächlich dafür ist die Zunahme extremer Ereignisse mit schweren Schäden an den Schutzwäldern und der Schutzinfrastruktur. Eine Verlagerung der Investitionen von der Errichtung neuen Schutzes in Richtung der Erhaltung und Erneuerung des Schutzbestandes (so befinden sich allein in wildbach- und lawinenrelevanten Einzugsgebieten rund 192.000 Bauwerke) ist im Gange. Dabei ist auf das implizite Risiko des globalen Rückgangs der Schutzleistung bei Verringerung der Investitionen hinzuweisen, da aktuell der altersbedingte Wirkungsverlust („Abschreibung der Schutzbauten“) nicht mehr zur Gänze durch Neuinvestitionen kompensiert werden kann. Widrigenfalls wäre mittelfristig mit einer deutlichen Ausweitung von Gefahrenzonen zu rechnen. Dieser Trend kann – obwohl heute noch nicht gesichert abschätzbar – bei Verstärkung der klimabedingten Risiken noch intensiviert werden.
Hohe Relevanz hat die zunehmende Nachfrage der Bevölkerung auf Naturgefahreninformationen (z. B. im Rahmen der Umsetzung der EU-Hochwasserrichtlinie, aber auch im Rahmen der Sachverständigentätigkeit und Beratungsleistung im Raumordnungs-, Widmungs- oder Bauverfahren durch die Dienststellen) und Risikokommunikation, die auch als Anspruch im Sinne des Umweltinformationsgesetzes sowie der INSPIRE-Richtlinie ausgeprägt ist. Dieser Anspruch kann im Bereich der Wildbach- und Lawinenverbauung sowie der Bundeswasserbauverwaltung nur durch eine intensive Kombination von digitaler Datenbereitstellung und lokaler Präsenz für Beratung und Expertise der Bevölkerung und kommunalen Entscheiderinnen und Entscheider gewährleistet werden.
Den steigenden Anforderungen für die Sicherheit und den Bestand der Schutzanlagen (einschließlich Haftungsrisiken) kann durch die Weiterentwicklung der technischen Standards und die Etablierung des – in Kooperation mit den Kommunen und Wassergenossenschaften entwickelten – Erhaltungsmanagements gewährleistet werden. Der zunehmenden Verlagerung der Entwicklungs- und Siedlungstätigkeit in Hanglagen wird durch eine Weiterentwicklung des Risikomanagements für Steinschlag- und Rutschungsgefahren entsprochen.
Die Maßnahmen des Wirkungsziels leisten einen direkten Beitrag in Bezug auf die SDG-Unterziele 11.5, 11.b, 13.1, 13.3 sowie 15.2 und 15.b. Der Erfolg dieser Interventionen für den Schutz der Bevölkerung lässt sich seit dem Hochwasser 2002 kontinuierlich beobachten, obwohl die Anzahl von Extremereignissen weiter im Steigen ist. Darüber hinaus bietet der Schutz vor Naturgefahren auch Entwicklungspotenziale, vor allem in strukturell schwachen Regionen und alpinen Tälern. Mit dem Hochwasserrisikomanagementplan (RMP) liegt ein bundesweites Planungsinstrument vor, das alle sechs Jahre aktualisiert wird. Das Maßnahmenprogramm des RMP sowie ein eigenes Kapitel zu Klimawandel mit Querbezügen zur Nationalen Klimawandelanpassungsstrategie beschreiben Maßnahmen, die direkt zur Zielerreichung der SDG-Unterziele 11.5 sowie 13.1 beitragen. Über die Kennzahlen ist die Zielerreichung – nämlich bis 2030 die Zahl der durch Katastrophen, einschließlich Wasserkatastrophen, bedingten Todesfälle und der davon betroffenen Menschen deutlich zu reduzieren und die dadurch verursachten unmittelbaren wirtschaftlichen Verluste im Verhältnis zum globalen Bruttoinlandsprodukt wesentlich zu verringern, mit Schwerpunkt auf dem Schutz der Armen und von Menschen in prekären Situationen – gut abgebildet.