Neben den ständigen Herausforderungen der inneren Sicherheit wie der Bekämpfung von Kriminalität, Terrorismus und Extremismus sowie irregulärer Migration, hat vor allem die COVID-19 – Pandemie wesentliche Auswirkungen auf das Bundesministerium für Inneres. In beinahe allen Bereichen konnten starke Auswirkungen auf die erzielten Ergebnisse der Kennzahlen beobachtet werden.
Die zunehmende Bedrohung durch Internetkriminalität (+ 30 % 2022), Krisenherde im Umfeld der Europäischen Union und durch die Pandemie verstärkte gesellschaftliche Bruchlinien haben Auswirkungen auf die innere Sicherheit Österreichs. Das Jahr 2022 war geprägt von Ungewissheit und gravierenden, langfristigen Veränderungen, die die Gesellschaft bewegten. Der russische Angriffskrieg auf die Ukraine, die daraus folgende Energiekrise mit der einhergehenden Teuerung, die Gefahr von Extremismus und Terrorismus, die Klimakrise, Cyber-Attacken und mögliche Angriffe auf die kritische Infrastruktur sind nur einige der Themen, die alle in Österreich lebenden Personen im letzten Jahr auf die eine oder andere Art beschäftigten. Die gesellschaftliche Verunsicherung führte zu herausfordernden Situationen und zeigte, wie wichtig schnelles Agieren und Resilienz für den österreichischen Verfassungsschutz sind.
Die Gefahren gehen in erster Linie von drei Strömungen aus: Vom Rechtsextremismus, beziehungsweise der Neuen Rechten, den sogenannten staatsfeindlichen Verbindungen und vom islamistischen Extremismus. Die Neonazi-Szene oder die sogenannte Neue Rechte, Gruppierungen wie etwa die Identitären oder „Die Österreicher – kurz DO5“, nutzten das Potenzial zur Mobilisierung im Rahmen von Demonstrationen der Corona-Maßnahmengegner. Alleine im vergangenen Jahr wurden mehr als 660 Personen wegen rechtsextremistischer Straftaten zur Anzeige gebracht, mehr als 100 Hausdurchsuchungen wurden vorgenommen und 37 Festnahmen wurden vollzogen. Der Terroranschlag in Wien im November 2020 hat die enorme Bedrohung, die von Extremismus und Terrorismus ausgeht, auf entsetzliche Weise gezeigt. Solche Ereignisse verstärken soziale Konflikte und eine Polarisierung der Gesellschaft und damit auch die Neigung zu nationalistischem oder extremistischem Gedankengut.
Diese Umfeldentwicklung kann den gesellschaftlichen Zusammenhalt und den sozialen Frieden in Österreich bedrohen. Im Rahmen der „Österreichischen Strategie zur Extremismusprävention und Deradikalisierung“ wird durch interdisziplinäre Präventionsmaßnahmen wie das „Ausstiegs- bzw. Deradikalisierungsprogramm aus dem gewaltbereiten Extremismus“ sowie weitere geplante Maßnahmen gegen Rechtsextremismus und den religiös motivierten politischen Extremismus hier entschieden entgegengewirkt. 2022 wurden 322 Sicherheitsdialoge zur Extremismusbekämpfung durchgeführt.
Trotz Pandemie und Terroranschlag konnte eine enorm positive Entwicklung des subjektiven Sicherheitsgefühls von 91 % der Bevölkerung gemessen werden, die sich sehr oder eher sicher in Österreich fühlen. Die Pandemie hat mit der Verhängung von weitreichenden Ausgangsbeschränkungen zu einem markanten Rückgang der Kriminalität geführt. Während der Lockdown-Phasen war das öffentliche Leben stark eingeschränkt, mit Arbeiten im Homeoffice und geschlossener Nachtgastronomie, was die klassische Kriminalität zurückgedrängt hat. Die Anzeigenentwicklung im Jahr 2022 ist nun wieder auf gleichem Niveau wie in der Zeit vor der Corona-Pandemie, die das subjektive Sicherheitsempfinden beeinflusst haben könnte. Im EU-weiten Ranking des Better Life Index der OECD liegt Österreich auf Platz 4. Das BMI setzt hier stark auf polizeiliche Präsenz und Prävention. Der Anteil an Fußstreifenstunden liegt im Vergleich zu den Gesamtleistungsstunden der Exekutive bei 6,2 %, ein ähnlich hoher Wert verglichen mit 2021. Der Zielwert wurde überplanmäßig erreicht.
Im Bereich der Verkehrsraumüberwachung ist die Kontrolltätigkeit durch die Organe der Bundespolizei auf hohem Niveau mit rund 2,6 Millionen verkehrspolizeilichen Kontrollstunden pro Jahr, das sind 6,6 % der Gesamtleistungsstunden. Weitere Maßnahmen insbesondere im Rahmen der Verkehrssicherheitsstrategie sowie zur Bekämpfung von eklatanten Geschwindigkeitsüberschreitungen und des Alkohol- und Drogenmissbrauchs am Steuer werden im Auftrag der zuständigen Verkehrsbehörden gesetzt und kontinuierlich verfolgt. Die Anzahl der Verkehrsunfälle mit Personenschaden lag im Jahr 2022 mit 34.869 (2021: 32.774) deutlich über dem Vorjahreswert, das sehr ambitionierte Ziel wurde nicht erreicht. Die niedrigen Werte der Jahre 2020 und 2021 im Vergleich zum Jahr 2022 sind vor allem auf die pandemiebedingten Lockdowns und Teillockdowns zurückzuführen. Vergleicht man die Anzahl der Verkehrsunfälle mit Personenschaden im Jahr 2021 mit dem Jahr 2019 (35.736), so sieht man, dass die pandemiebedingten restriktiven Maßnahmen zu weniger Verkehrsaufkommen und somit zu weniger Verkehrsunfällen geführt haben. Die Unfallzahlen werden überwiegend von externen Faktoren beeinflusst, wie dem Verkehrsaufkommen, den Witterungsbedingungen und den Straßenverhältnissen. Der Grad der Motorisierung in Österreich blieb verglichen mit dem Vorjahr laut Statistik Austria annähernd konstant (2022: 566 pro 1.000 Einwohner), der generelle KFZ-Bestand (2022 +0,8 %) sowie der PKW-Bestand (2022 +0,3 %) ist im Vergleich zum Vorjahr gestiegen.
370 Menschen sind im abgelaufenen Jahr 2022 auf Österreichs Straßen tödlich verunglückt. Das ist mit Ausnahme der beiden „Coronajahre“ 2020 und 2021 die geringste Zahl an Verkehrstoten und die drittniedrigste Opferzahl seit Beginn der Aufzeichnungen im Innenministerium im Jahr 1950. Nur in den Jahren 2020 (344) und 2021 (362) sind um 7,6 Prozent bzw. 2,2 Prozent weniger Menschen im Straßenverkehr ums Leben gekommen. Der insgesamt positive Trend ist auf eine Vielzahl von Maßnahmen zurückzuführen: Von der Verkehrserziehung bei den Kleinsten über die Verkehrssicherheitsberatung in den Schulen bis hin zur Verkehrsüberwachung durch die Polizei.
Vorbeugung und Prävention in den Bereichen Cyber-Sicherheit und Schutz kritischer Infrastrukturen bilden weitere sicherheitsrelevante Schwerpunkte. Im Vergleich zum Vorjahr, wo aufgrund der Pandemie zahlreiche geplante Aktivitäten nicht oder nur zum Teil durchgeführt wurden, konnten im Jahr 2022 die geplanten Aktivitäten wieder umgesetzt werden. Von geplanten 40 Präventionsveranstaltungen zur Cyber-Sicherheit konnten 45 durchgeführt werden. Bewertet wurden diese Präventionsveranstaltungen mit der Note 1. Die Ziele beider Kennzahlen wurden überplanmäßig erreicht. Bei den Informationsgesprächen mit Betreibern kritischer Infrastrukturen konnten insgesamt 450 durchgeführt werden, geplant waren 230. Die Beurteilung dieser fiel mit der Note 1 ebenfalls sehr positiv aus. Auch hier konnten die Ziele beider Kennzahlen überplanmäßig erreicht werden.
Die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit ist ein zentraler Beitrag zur Sicherung des sozialen Friedens. Es gilt Gefahren durch proaktives Handeln und Präventionsmaßnahmen seitens der Sicherheitsbehörden bereits im Vorfeld zu erkennen und abzuwehren, um die Freiheit und Sicherheit der Menschen in Österreich, auch im Straßenverkehr, zu gewährleisten. Damit wird auch ein Beitrag zum Sustainable Development Goal 3 (Gesundheit und Wohlergehen), im speziellen aber auch zum Sustainable Development Goal 3.6 (Bis 2020 die Zahl der Todesfälle und Verletzungen infolge von Straßenverkehrsunfällen weltweit halbieren) geleistet.