Der Schutz der österreichischen Bevölkerung und ihres Lebens- und Wirtschaftsraums vor Naturgefahren konnte im Jahr 2020 auch unter Bezugnahme auf den strategischen Rahmen der Hochwasserrisikomanagementpläne vollständig erreicht werden. Zwei Kennzahlen des Wirkungsziels wurden zur Gänze erreicht („Summe des geschaffenen Rückhalteraums für Wasser“ sowie „Summe des geschaffenen Rückhalteraums für Feststoffe“). Die Kennzahl „Liegenschaften in Roten Gefahrenzonen“ wurde teilweise erreicht, die Kennzahl „Jährlich hochwasserfreigestellte Gebäude seit dem Jahr 2013 mit einem Mindestschutz vor einhundertjährlichem Hochwasser“ konnte nicht erreicht werden. Das ist einerseits der COVID-19-Pandemie geschuldet (Kennzahl „Liegenschaften in Roten Gefahrenzonen“) und andererseits in Bezug auf die Kennzahl der jährlich hochwasserfreigestellten Gebäude einer sehr ambitionierten Festlegung des Zielzustandes zuzuschreiben, welcher in den nächsten Jahren anzupassen ist. Tatsächlich konnten 2020 weitere 2.435 Gebäude vor einem einhundertjährlichen Hochwasser geschützt werden, was die positive Entwicklung dieser Kennzahl fortsetzt. Von den zwei Maßnahmen konnte eine zur Gänze und eine teilweise erreicht werden. Das Wirkungsziel wird insgesamt mit „überwiegend erreicht“ beurteilt.
Im Bereich der Bundeswasserbauverwaltung (BWV) wurden insgesamt 470 Maßnahmen mit einem förderrelevanten Investitionsvolumen von 125,79 Mio. Euro (davon 66,286 Mio. Euro Bundesmittel) neu genehmigt. Der hohe Wirkungsgrad der bestehenden Schutzmaßnahmen konnte durch die Verhinderung zahlreicher Katastrophen in gesicherten Einzugsgebieten nachgewiesen werden.
Im Bereich der Wildbach- und Lawinenverbauung konnten in allen sechs Kernleistungsfeldern (Naturgefahreninformation, Gefahrenzonenplanung, Sachverständigentätigkeit, Maßnahmenplanung, Maßnahmensetzung, Investitionsmanagement) sämtliche gesetzten Ziele und Vorgaben umgesetzt werden. Hervorzuheben sind die Anstrengungen, die erreichte Flächendeckung mit Gefahrenzonenplänen (100 % Ausstattung aller Gemeinden mit Einzugsgebieten nach § 99 Forstgesetz) mittels Revisionen auf aktuellem Stand zu halten sowie die vollständige Umsetzung von 845 Schutzmaßnahmen der Wildbach- und Lawinenverbauung (WLV) mit Gesamtinvestitionen von 161,09 Mio. Euro (davon 87,3 Mio. Euro Bundesmittel). Eine weitere Schwerpunktsetzung ist aufgrund der spürbaren Veränderungen durch den Klimawandel im Naturraum im Bereich der Steinschlag-Felssturzsicherung sowie der Stabilisierung von Rutschhängen in Entwicklung. Nicht unerwähnt sollen die Investitionen in die Erhaltung und den Ausbau objektschutzwirksamer Schutzwälder sein, die durch die Dienststellen der Wildbach- und Lawinenverbauung und die Landesforstdienste getätigt werden. Dafür konnte der Anteil an flächenwirtschaftlichen Maßnahmen im Jahr 2020 von 7,4 % auf 9,2 % gesteigert werden.
Die Wirkungen der Maßnahmen bestätigen im Wesentlichen die festgelegten Schutzziele und Schutzstrategien, sodass das abstrakte Schutzniveau in Österreich nachweislich gestiegen ist. Insbesondere tragen die Wirkung der Gefahrenzonenpläne in der Raumplanung, die Sanierung der Schutzwälder sowie die Umsetzung neuer Schutzvorhaben bzw. die Erhaltung des Bestandes zur signifikanten Risikoreduktion bei.
Die Umsetzung des Aktionsprogramms „Wald schützt uns!“ schreitet stetig voran. Im Jahr 2020 konnten zahlreiche Meilensteine umgesetzt werden. Das sind unter anderem die Harmonisierung der Schutzwald-Hinweiskarte, die Erstellung einer Studie „Betriebswirtschaftliche Attraktivierung der Schutzwaldbewirtschaftung“ sowie die Einrichtung einer eigenen Homepage mit umfangreichen Informationen zum Schutzwald in Österreich, die auf Deutsch und Englisch publiziert wurde (www.schutzwald.at).
Die Folgen des Klimawandels haben in wenigen Fällen zur Überschreitung des technischen Sicherheitsniveaus von Schutzanlagen geführt und machen eine weitere Anpassung der Sicherheitsstandards für Schlüsselbauwerke erforderlich. Grundlagen dafür wurden im Entwicklungsprojekt ExtremA (Universität Wien 2019) erhoben und werden zukünftig in die strategische Planung einfließen. Aktive Risikokommunikation und die intensive Schulung lokaler Akteure in den Aufgaben der Eigenvorsorge, Wildbachaufsicht und Bauwerkszustandsaufsicht haben die Selbsthilfefähigkeit auf kommunaler Ebene drastisch erhöht. Volkswirtschaftliche Studien (z. B. WIFO 2016) belegen weiters die hohe lokale Wertschöpfung und den Sicherheitsgewinn durch die gesetzten Maßnahmen sowie insgesamt die ökonomische Bedeutung der Wildbach- und Lawinenverbauung und der Bundeswasserbauverwaltung (z. B. Leistungen der Umweltförderungen im Bereich der Wasserwirtschaft 2017–2019).
Gegenüber dem Vergleichszeitraum haben sich die naturräumlichen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen nicht wesentlich verändert. Eine enorme gesellschaftliche wie auch arbeitsteilige Veränderung brachte allerdings die COVID-19-Pandemie. Die Kosten alleine für die Wildbach- und Lawinenverbauung belaufen sich dabei auf ca. 215.000 Euro für Masken, Desinfektionsmittel, etc. Der Ersatz für COVID-19 Lohnkosten im Bereich der kollektivvertraglichen Arbeitnehmer in der Wildbach- und Lawinenverbauung kann mit ca. 2,88 Mio. Euro beziffert werden.
Das Risikopotenzial durch Naturgefahren in Österreich ist – in Abhängigkeit von der Klimaentwicklung und dem Witterungsverlauf – latent hoch und erfordert eine nachhaltige Fortsetzung der Schutzleistungen der Wildbach- und Lawinenverbauung sowie der Bundeswasserbauverwaltung mit steigendem Niveau sowie erhöhtem Finanzierungsbedarf im Bundesvoranschlag (Zusatzmittel, Lawinenpaket). Ursächlich dafür ist die Zunahme extremer Ereignisse (z. B. weitere extreme Sturm- und Schneeereignisse im Herbst 2019 und Frühwinter 2020) mit schweren Schäden an den Schutzwäldern und der Schutzinfrastruktur. Eine Verlagerung der Investitionen von der Errichtung neuen Schutzes in Richtung der Erhaltung und Erneuerung des Schutzbestandes (so befinden sich allein in wildbach- und lawinenrelevanten Einzugsgebieten rund 180.000 Bauwerke) ist im Gange. Dabei ist auf das implizite Risiko des globalen Rückgangs der Schutzleistung bei Verringerung der Investitionen hinzuweisen, da aktuell der altersbedingte Wirkungsverlust („Abschreibung der Schutzbauten“) nicht mehr zur Gänze durch Neuinvestitionen kompensiert werden kann. Widrigenfalls wäre mittelfristig mit einer deutlichen Ausweitung von Gefahrenzonen zu rechnen. Dieser Trend kann – obwohl heute noch nicht gesichert abschätzbar – bei Verstärkung der klimabedingten Risiken noch intensiviert werden. Hohe Relevanz hat die zunehmende Nachfrage der Bevölkerung auf Naturgefahreninformationen (z. B. im Rahmen der Umsetzung der EU-Hochwasserrichtlinie, aber auch im Rahmen der Sachverständigentätigkeit und Beratungsleistung im Raumordnungs-, Widmungs- oder Bauverfahren durch die Dienststellen) und Risikokommunikation, die auch als Anspruch im Sinne des Umweltinformationsgesetzes sowie der INSPIRE-Richtlinie ausgeprägt ist. Dieser Anspruch kann im Bereich der Wildbach- und Lawinenverbauung sowie der Bundeswasserbauverwaltung nur durch eine intensive Kombination von digitaler Datenbereitstellung und lokaler Präsenz für Beratung und Expertise der Bevölkerung und kommunalen Entscheiderinnen und Entscheider gewährleistet werden.
Den steigenden Anforderungen für die Sicherheit und den Bestand der Schutzanlagen (einschließlich Haftungsrisiken) kann durch die Weiterentwicklung der technischen Standards und die Etablierung des – in Kooperation mit den Kommunen und Wassergenossenschaften entwickelten – Erhaltungsmanagements gewährleistet werden. Der zunehmenden Verlagerung der Entwicklungs- und Siedlungstätigkeit in Hanglagen wird durch eine Weiterentwicklung des Risikomanagements für Steinschlag- und Rutschungsgefahren entsprochen.
Die Maßnahmen des Wirkungsziels leisten einen direkten Beitrag in Bezug auf die SDG-Unterziele 11.5, 13.1, 13.3 und 15.b. Der Erfolg dieser Interventionen auf den Schutz der Bevölkerung lässt sich seit dem Hochwasser 2002 kontinuierlich beobachten, obwohl die Anzahl von Extremereignissen weiter im Steigen ist. Darüber hinaus bietet der Schutz vor Naturgefahren auch Entwicklungspotenziale, vor allem in strukturell schwachen Regionen und alpinen Tälern. Mit dem Hochwasserrisikomanagementplan (RMP) liegt ein bundesweites Planungsinstrument vor, das alle sechs Jahre aktualisiert wird. Das Maßnahmenprogramm des RMP sowie ein eigenes Kapitel zu Klimawandel mit Querbezügen zur Nationalen Klimawandelanpassungsstrategie beschreiben Maßnahmen, die direkt zur Zielerreichung von SDG 11.5 sowie SDG 13.1 betragen. Über die Kennzahlen ist die Zielerreichung, nämlich bis 2030 die Zahl der durch Katastrophen, einschließlich Wasserkatastrophen, bedingten Todesfälle und der davon betroffenen Menschen deutlich zu reduzieren und die dadurch verursachten unmittelbaren wirtschaftlichen Verluste im Verhältnis zum globalen Bruttoinlandsprodukt wesentlich zu verringern, mit Schwerpunkt auf dem Schutz der Armen und von Menschen in prekären Situationen, gut abgebildet.