Die polizeiliche Kriminalstatistik zeigt für 2020 einen signifikanten Rückgang der Gesamtanzeigen um 11,3 Prozent oder 55.101 Anzeigen (2019: 488.912, 2020: 433.811 Anzeigen), was den niedrigsten Wert seit der elektronischen Datenerfassung 2001 markiert. Das ist nicht zuletzt auf die Corona-Pandemie und den gesetzten Maßnahmen zu deren Eindämmung zurückzuführen. Zugleich konnte die Aufklärungsquote um 1,7 Prozent auf 54,2 Prozent gesteigert werden (2019: 52,5 Prozent). Das vierte Jahr in Folge liegt die Aufklärungsquote über 50 Prozent. Die Internetkriminalität ist auch 2020 wieder gestiegen: Mit 35.915 Anzeigen wurde eine Zunahme von 26,3 Prozent verzeichnet (2019: 28.439). Die Schließungen des stationären Handels und die damit verbundene Verlagerung des realen Lebens in die digitale Welt bildeten den Nährboden für Betrügerinnen und Betrüger im Internet. Große Auswirkungen hatte die Pandemie auch auf Eigentumskriminalität, die um fast 22 Prozent auf 128.111 Anzeigen gesunken sind.
Die Belastungskennzahlen, angegeben als Durchschnittswerte pro 100.000 Einwohner zeigen eine positive Entwicklung, die Gesamtkriminalität ist kontinuierlich sinkend, aktuell bei 5.565 Delikten im 5-Jahres-Schnitt, die korrespondierende Aufklärungsquote liegt bei 50,7 %. Das Vertrauen der Bevölkerung in die Polizei liegt auf einem hohen Niveau von 91,3 %.
Im Bereich Eigentumskriminalität wird die Qualität der Tatortarbeit kontinuierlich weiterentwickelt: 35 % der daktyloskopischen Spuren bei Eigentumskriminalität mit verstärkter Eingriffsintensität waren für eine Zuordnung brauchbar. Der Zielwert von 7.274 der nationalen Treffer in nationalen und internationalen biometrischen Datenbanken konnten aufgrund der Pandemie und des damit einhergehenden Rückgangs der Kriminalität mit 5.709 Treffern nicht erreicht werden.
Bei dem Ziel Korruption nachhaltig Einhalt zu gebieten, werden Erfolge erzielt. 2020 wurden 90 % der Ermittlungsverfahren im Bereich Korruption abgeschlossen, diese machten einen geringen Anteil an der Gesamtkriminalität von 0,25 % aus. Das Wirkungsziel und die Maßnahme „Bekämpfung von Korruption“ wurde aufgrund der inhaltlichen Übereinstimmung dem SDG-Unterziel „Korruption und Bestechung in allen ihren Formen erheblich reduzieren“ zugeordnet. Das Wirkungsziel leistet darüber hinaus einen Beitrag zur Verfolgung des SDG-Unterziels „Alle Formen der Gewalt und die gewaltbedingte Sterblichkeit überall deutlich verringern“.
Cybercrime ist ein globales Phänomen und kein Land kann sich von diesen weltweiten Entwicklungen abschirmen. Neue Technologien eröffnen dabei für Kriminelle weitere Angriffsziele. Diese Entwicklung wurde durch die Schließung weiter Bereiche des öffentlichen Lebens im Zusammenhang mit der Bekämpfung der Pandemie weiter beschleunigt. Im Bereich der Kennzahlen zu Cyber-Kriminalität ist erneut ein Anstieg der Anzeigen pro 100.000 Einwohner im Durchschnitt von drei Jahren (2020: 316, + 28 %) zu verzeichnen. Die korrespondierende Aufklärungsquote ist wie in den Vorjahren erneut gefallen und liegt bei 34,6 %. Folgende Gegenmaßnahmen werden ergriffen: Es wird sowohl eine qualitative als auch eine quantitative Steigerung des Personals geben. Die IT-Ermittlerinnen und -ermittler auf Bezirksebene werden auf 600 verdoppelt. Die Anzahl der Spezialistinnen und Spezialisten für digitale Forensik und Ermittlung in den Landeskriminalämtern und im Bundeskriminalamt (BK) wird erhöht. Im BK soll die Expertise zukünftig in einer neuen Abteilung gebündelt werden. Um auch nachhaltig auf gutes Personal zurückgreifen zu können, läuft derzeit der Aufbau eines universitären bzw. hochschulischen Ausbildungscampus. Darüber hinaus konnte das Ziel bei fallbezogenen Ermittlungskooperationen mit anderen Organisationseinheiten bei komplexen IT-Ermittlungsansätzen nicht erreicht werden. Aufgrund spezieller Anforderungen (sämtliche Großamtshandlungen) und der Pandemie waren nicht ausreichend Ressourcen für mehr Unterstützungsleistungen möglich. Trotz Pandemie konnten 1.905 Präventionsveranstaltungen bzw. -gespräche zur Computer- und Internetkriminalität vor allem online durchgeführt werden. Der Fokus der Präventionsarbeit liegt im Themenfeld der Computer- und Internetkriminalität klar in verhaltensorientierten Maßnahmen und nicht auf der Vermittlung von technischen Fähigkeiten.
Kriminalitätsphänomene zeichnen sich durch eine verstärkte internationale Komponente aus. Neben internationaler Vernetzung im Bereich Sicherheit ist auch eine gemeinsame, vor allem intereuropäische Kriminalitätsbekämpfung ein wichtiges Ziel. Das Auslandsengagement des BMI wird daher verstärkt verfolgt – die Entsendung von Beamtinnen und Beamten im Rahmen von FRONTEX, bi-/multilateralen Entsendungen, Dokumentenberater und Missionen der EU und Vereinten Nationen betrug 2020 28.375 Einsatztage (plus 15 % gegenüber 2019).
Das Ziel von 36.600 Einsatztagen konnte deshalb nicht ganz erreicht werden, da bei Missionen der EU und Vereinten Nationen die Sollstände seitens der EU nicht abgerufen wurden. Bei FRONTEX erfolgten ad hoc Einsätze nur in geringem Umfang bzw. aufgrund der Reisebeschränkungen nur in stark reduziertem Ausmaß. Das Ziel der fremden- und grenzpolizeilichen Einheit Puma von 120.000 Einsatzstunden zur Bekämpfung irregulärer Migration und Schlepperei konnte mit knapp 160.000 Einsatzstunden deutlich übertroffen werden, was mit verstärkten Grenzschutzmaßnahmen auch aufgrund der Pandemie zusammenhängt.