Gegenüber dem Vergleichszeitraum haben sich die naturräumlichen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen in Österreich nicht wesentlich verändert. Das Risikopotenzial durch Naturgefahren (Hochwasser, Lawinen, Muren, Steinschlag und Hangrutschungen) in Österreich ist – in Abhängigkeit der Klimaentwicklung und des Witterungsverlaufs – latent hoch (derzeit liegen ca. 20% des Gesamtgebäudebestandes in Gefährdungsgebieten von Hochwasser, Lawinen, Muren, Steinschlag oder Rutschungen) und erfordert eine nachhaltige Forstsetzung der Schutzleistungen der Wildbach- und Lawinenverbauung bzw. der Bundeswasserbauverwaltung auf konstantem Niveau. Eine Verlagerung der Investitionen von der Errichtung neuen Schutzes in Richtung der Erhaltung und Erneuerung des Schutzbestandes ist im Gange, führt jedoch mittelfristig zu keiner Änderung des Finanzierungsbedarfs für den Bundesvoranschlag. Dabei ist auf das implizite Risiko des globalen Rückgangs der Schutzleistung bei Verringerung der Investitionen hinzuweisen, da aktuell der altersbedingte Wirkungsverlust („Abschreibung der Schutzbauten“) gerade durch Neuinvestitionen kompensiert werden kann (aktuellen Zahlen des WIFO zufolge beträgt der jährliche Abschreibungsanteil der Schutzinfrastruktur im Kompetenzbereich der WLV ca. 110 Mio. EUR). Widrigenfalls wäre mittelfristig mit einer deutlichen Ausweitung von Gefahrenzonen zu rechnen. Dieser Trend kann – obwohl heute noch nicht gesichert abschätzbar – bei Verstärkung der klimabedingten Risiken noch verstärkt werden. Darüber hinaus ist auf der Grundlage der Prognose zur Bevölkerungsentwicklung in Österreich bis 2030 von ÖROK und Statistik Austria auch die Entwicklung des Gebäudebestandes von besonderer Bedeutung: Einer aktuellen WIFO Studie zufolge, ist besonders in den Gebieten, die im Kompetenzbereich der WLV liegen, die Zahl der Gebäude relativ zur Zahl der Bewohner stark gestiegen. Setzt sich diese Entwicklung fort, muss davon ausgegangen werden, dass das wirtschaftliche Schadenpotential selbst dann zunimmt, wenn die Bevölkerung stagniert (WIFO 2016). Hohe Relevanz hat die zunehmende Nachfrage der Bevölkerung auf Naturgefahreninformationen und Risikokommunikation, der auch als Anspruch iSd Umweltinformationsgesetzes sowie der INSPIRE-RL ausgeprägt ist. Dieser Anspruch kann im Bereich der Wildbach- und Lawinenverbauung nur durch eine intensive Kombination von digitaler Datenbereitstellung und lokaler Präsenz für Beratung und Expertise der Bevölkerung und kommunalen Entscheider gewährleistet werden. Den steigenden Anforderungen für die Sicherheit und den Bestand der Schutzanlagen (einschließlich Haftungsrisiken) kann durch die Weiterentwicklung der technischen Standards und die Etablierung des – in Kooperation mit den Kommunen und Wassergenossenschaften entwickelten – Erhaltungsmanagements gewährleistet werden.
Der zunehmenden Verlagerung der Entwicklungs- und Siedlungstätigkeit in Hanglagen wird durch eine strategische und legistische Weiterentwicklung des Risikomanagements für Steinschlag- und Rutschungsgefahren entsprochen.
Im internationalen Kontext ist es gelungen, Österreichs als Kompetenzzentrum des Naturgefahrenmanagements sowie als Knotenpunkt internationaler Fachnetzwerke (Interpraevent, FAO, PLANALP) zu stärken. Diese Vernetzung ist insbesondere in der Umsetzung des „Sendai-Rahmenplan zur Risikoreduzierung 2015 – 2030“ (A/RES/69/283) sowie der damit einhergehenden UN-SDGs (Sustainable Development Goals) in Österreich von strategischer Bedeutung, weil hier auch eine Vorreiterrolle bzw. Expertise für andere Staaten abgeleitet werden kann. Die Stärkung von Risiko-Governance Ansätzen (z.B. im Rahmen von Solidarleistungen zur Errichtung und Erhaltung von Schutzinfrastruktur) in Österreich ist mitunter eine konkrete Zielvorstellung in der Umsetzung der EU-Makroregionalen Strategie „Alpenraum“ (EUSALP), zu dem das Ressort die Leitung der Arbeitsgruppe 8 „Verbesserung des Risikomanagements und Klimawandelanpassung“ übernommen hat. Darüber hinaus ist der Aspekt des Naturgefahrenmanagements zentraler Bestandteil in der Erfüllung der Vorgaben Österreichs zur Umsetzung des EU-Gemeinschaftskonzepts zur Verhütung von Naturkatastrophen und von Menschen verursachten Katastrophen (Ratsschlussfolgerungen 15394/09), in dem insbesondere Hochwässer ein konkretes Bedrohungsbild für Österreichs darstellen (BMI-KA1000/0148-II/13/a/2014).
Der Schutz der österreichischen Bevölkerung und ihres Lebensraums vor Naturgefahren konnte auch im Jahr 2015 – bereits unter Bezugnahme auf den strategischen Rahmen der Hochwasserrisikomanagementpläne (fertiggestellt, in Genehmigung) – vollständig erreicht werden. Darüber hinaus ist es auch für den Sektor der gravitativen Naturgefahren (Steinschlag, Rutschung) gelungen, im Rahmen der Österreichischen Raumordnungskonferenz eine kompetenzübergreifende politische Strategie (ÖROK-Empfehlung 54) zu etablieren. Im Bereich der Wildbach- und Lawinenverbauung konnten in allen 6 Kernleistungsfeldern (Naturgefahreninformation, Gefahrenzonenplanung, Sachverständigentätigkeit, Maßnahmenplanung, Maßnahmensetzung, Förderungsmanagement) sämtliche gesetzten Ziele und Vorgaben umgesetzt werden. Hervorzuheben sind die erreichte Flächendeckung (100 % Ausstattung aller Gemeinden mit Einzugsgebieten nach § 99 ForstG) mit Gefahrenzonenplänen sowie die vollständige Umsetzung von 775 Schutzmaßnahmen der Wildbach- und Lawinenverbauung mit Gesamtinvestitionen von € 149,3 Mio. (davon € 83,2 Mio. Bundesmittel). Im Bereich der Bundeswasserbauverwaltung konnte die Flächendeckung der Gefahren- und Risikokarten für Gebiete mit potenziell signifikantem Hochwasserrisiko erreicht werden. Darüber hinaus wurden insgesamt 584 Maßnahmen mit einem förderrelevanten Investitionsvolumen von 200,5 Mio. € (davon 109,2 Mio. € Bundesmittel) genehmigt. Der hohe Wirkungsgrad der bestehenden Schutzmaßnahmen konnte einmal mehr durch die Verhinderung zahlreicher Katastrophen in gesicherten Einzugsgebieten nachgewiesen werden. Der Bestand (Maßnahmenstock) bestehender Schutzanlagen wurden bis 2015 im digitalen Wildbach- und Lawinenkataster vollständig erfasst und umfasst ca. 260.000 Bauwerke.
Die Wirkungen der Maßnahmen bestätigen im Wesentlichen die festgelegten Schutzziele und Schutzstrategien, sodass das abstrakte Schutzniveau in Österreich nachweislich gestiegen ist. Insbesondere tragen die Wirkung der Gefahrenzonenpläne in der Raumplanung sowie die Umsetzung neuer Schutzvorhaben bzw. die Erhaltung des Bestandes zur signifikanten Risikoreduktion bei. Die Folgen des Klimawandels haben in wenigen Fällen zur Überschreitung des technischen Sicherheitsniveaus von Schutzanlagen geführt und machen eine weitere Anpassung der Sicherheitsstandards für Schlüsselbauwerke erforderlich. Die intensive Schulung lokaler Akteure in den Aufgaben der Eigenvorsorge, Wildbachaufsicht und Bauwerkszustandsaufsicht haben die Selbsthilfefähigkeit auf kommunaler Ebene drastisch erhöht. Aktuelle Studien der Universität für Bodenkultur belegen weiters die hohe lokale Wertschöpfung und den Sicherheitsgewinn durch die Maßnahmen der WLV.