Migration zeigt sich als komplexes und vielschichtiges Phänomen, das in den unterschiedlichen Formen der legalen Migration, der irregulären Migration sowie durch die Gewährung von internationalem Schutz (Asyl, subsidiärer Schutz) wirksam wird. Diese drei Bereiche stehen zueinander in Wechselwirkung. Zusätzlich zeigen sich in den Ergebnissen klar die Auswirkungen der COVID-19 – Pandemie bzw. der Maßnahmen zu deren Bekämpfung.
Mindestens 89,3 Millionen Menschen auf der ganzen Welt waren laut UNHCR Ende 2021 gezwungen, aus ihrer Heimat zu fliehen. Darunter sind fast 27,1 Millionen Flüchtlinge, von denen etwa die Hälfte unter 18 Jahren alt ist. Hinzu kommen Millionen staatenlose Menschen, denen eine Staatsangehörigkeit verweigert wurde und die keinen Zugang zu grundlegenden Rechten wie Bildung, Gesundheitsversorgung, Beschäftigung und Bewegungsfreiheit haben. Mit dem Ausbruch des Kriegs in der Ukraine wurden erneut viele Menschen zur Flucht über internationale Grenzen gezwungen oder sind innerhalb des Landes vertrieben. Damit ist die Zahl der weltweit Vertriebenen auf 100 Millionen gestiegen. Einer von 78 Menschen auf der Erde musste aufgrund von Konflikten oder Verfolgung aus seiner Heimat fliehen. Zahlreiche internationale Konflikte, Gewalt, Armut und auch der Klimawandel verursachen große Migrationsbewegung deren Entwicklung nicht detailliert abschätzbar ist. Nachdem die Unruhen in Syrien seit 2011 nicht abklingen, bleibt das Land weiterhin das größte Herkunftsland von Flüchtlingen (6,8 Millionen gem. UNHCR), gefolgt von Venezuela, Ukraine, Afghanistan und Süd-Sudan, insgesamt 72 % der Flüchtlinge kommen aus diesen fünf Ländern. Ein Großteil der Flüchtlinge lässt sich in den Nachbarländern wie der Türkei (3,7 Mio.) oder Kolumbien (2,5 Mio.) nieder, der Migrationsdruck in diesen Ländern ist enorm. Das Abkommen zwischen der EU und der Türkei ist eine wichtige politische Grundlage, um den Migrationsdruck in Europa zu senken.
2022 haben in der Europäischen Union so viele Menschen Asyl beantragt wie seit 2015/2016 nicht mehr. Nach Angaben der EU-Asylagentur (EUAA) stellten in den 27 EU-Staaten sowie in der Schweiz und Norwegen insgesamt 966.000 Schutzsuchende einen Antrag auf Asyl – das sind um 50 Prozent mehr als 2021. Höhere Zahlen wurden nur in den Jahren 2015 und 2016 verzeichnet, als es deutlich mehr als eine Million Anträge gab. Als Gründe für den jüngsten Anstieg werden die Lockerungen der Beschränkungen der Corona-Pandemie sowie zahlreiche Konflikte und Nahrungsmittelknappheit genannt. Darüber hinaus trugen demnach auch die Sekundärmigration innerhalb der EU und eine erhebliche Zahl von Anträgen von Staatsangehörigen aus visumfreien Ländern, die legal eingereist sind, dazu bei. Die größten Gruppen von Asylbewerbern waren Syrer (132.000 Anträge), Afghanen (129.000), Türken (55.000), Venezolaner (51.000) und Kolumbianer (43.000). Hinzu kamen rund vier Millionen Flüchtlinge aus der Ukraine, die in der EU allerdings nicht Asyl beantragen müssen und somit nicht in den Zahlen erfasst sind. Die Asylsysteme der 27 EU-Staaten geraten laut EUAA angesichts der hohen Antragszahlen immer mehr unter Druck.
Die Entwicklung der Antragszahlen in Österreich ist stark steigend von 39.930 (2021) auf 112.272 (2022). Dieser Anstieg an Asylwerbern spiegelt sich auch an der Platzierung Österreichs im EU-Vergleich wider – Österreich lag mit Platz 4 (2021: Platz 4) weit vorne unter den vorrangigen Zielländern. Die durchschnittliche Verfahrensdauer ist 2022 infolge des massiven Zustroms leicht von 3,2 Monaten 2021 auf 3,3 Monate angestiegen. Die Dauer bei Verfahren von Personen aus sicheren Herkunftsstaaten ist mit 46 Tagen (2021: 51 Tage) zwar gesunken, das Ziel von 30 Tagen konnte aber trotz eines hohen Anteils an Schnellverfahren noch nicht erreicht werden. Die Zahl der offenen Verfahren zum 31.12.2022 ist auf 44.384 (2021: 18.800) gestiegen, mittlerweile ist jedoch wieder ein Rückgang zu beobachten. Der massive Anstieg der Anzahl der Grundversorgten pro Jahr (durchschnittlich 83 Grundversorgte pro 100.000 Einwohner, 2021 30) ist auf die hohe Anzahl von Vertriebenen aufgrund des Ukrainekrieges zurückzuführen.
Zu einem effektiven Qualitätsmanagement im Asylbereich zählt auch, die Ergebnisse einer Evaluierung zu unterziehen. Für 2022 wurde neue Kennzahl entwickelt, die sich auf die Quote der ausschließlich inhaltlich im Verantwortungsbereich des BFA verursachten Behebungen von Entscheidungen des BFA in 2. Instanz durch das Bundesverwaltungsgericht bezieht und somit die Qualität treffsicherer abbildet. Im Jahr 2022 lag die Quote bei 32%.
Ein wichtiger Schwerpunkt ist es den Missbrauch des Systems zurückzudrängen und rechtskräftige und durchsetzbare Rückkehrentscheidungen möglichst zeitnah zu vollziehen. 2022 wurden 12.550 Fremde (2021 8.977) außer Landes gebracht, davon waren 8.079 freiwillige Ausreisen (2021: 4.805), 4.471 zwangsweise (2021: 4.172). Aufgrund der im Laufe des Jahres umgesetzten Lockerungen der COVID-19 Maßnahmen (Reisebeschränkungen, Einschränkung Flugverkehr etc.) konnte das Ziel bei den gesamten Außerlandesbringungen BFA, anders als im Vorjahr, erreicht werden. Sowohl der Anteil der freiwilligen Ausreisen als auch der Anteil der zwangsweisen Ausreisen konnte erhöht werden. Die Anzahl der Aberkennungen von Asyl und subsidiärem Schutz vor dem BFA ging von 3.218 im Jahr 2021 auf 2.174 zurück.
Ein weiterer Faktor ist der Leistungsmissbrauch im Bereich der Grundversorgung, hier wurden 47.053 Fälle identifiziert (2021: 15.276), die dann zum weiteren Vollzug den zuständigen Stellen in den Ländern übermittelt werden. Im Verlauf des Jahres 2022 wurden die Vertriebenen aus der Ukraine im Kontrollsystem integriert, aufgrund der dadurch gestiegenen Grundgesamtheit auf das 3fache ist die Anzahl der Verdachtsfälle stark angestiegen. Weitere Schwerpunkte werden künftig gesetzt. Die hohe Dichte fremdenrechtlicher Kontrollen soll beibehalten werden, 2022 hat das BFA an 865 (2021: 505) Schwerpunktaktionen mit den Landespolizeidirektionen teilgenommen, das Jahresziel mit 800 Schwerpunktaktionen wurde deutlich übertroffen.
Das Ziel im Bereich der Frauenquote in Reintegrationsprogrammen konnte erreicht werden, hier ist eine deutliche Steigerung im Vergleich zum Jahr 2021 zu vermelden.
Die Anzahl beratener bzw. teilnehmender Frauen im Rahmen von Projekten mit Förderschwerpunkt „Asylwerberinnen“ lag mit 3.674 zwar über dem Ziel, aber unter dem Vorjahreswert (2021: 4.667). Die Zielerreichung steht in enger Abhängigkeit zur tatsächlich erfolgten Projektauswahl und einer mit den im Bundesvoranschlag zur Verfügung stehenden Mitteln gewährleisteten Finanzierung, hängt aber auch vom Frauenanteil der potenziellen Zielgruppe ab.
Das Wirkungsziel wurde aufgrund der inhaltlichen Übereinstimmung den SDG-Unterzielen 5.2 „Alle Formen von Gewalt gegen alle Frauen und Mädchen im öffentlichen und privaten Bereich einschließlich des Menschenhandels und sexueller und anderer Formen der Ausbeutung beseitigen“, 10.7 „Eine geordnete sichere, reguläre und verantwortungsvolle Migration und Mobilität von Menschen erleichtern, unter anderem durch die Anwendung einer planvollen und gut gesteuerten Migrationspolitik“ und 16.1 „Alle Formen der Gewalt und die gewaltbedingte Sterblichkeit überall deutlich verringern“ zugeordnet.