Europa und damit auch Österreich ist auf Grund der dramatischen Situation in Syrien, im Irak und anderer internationaler Krisenherde mit der größten Migrations- und Flüchtlingskrise seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs konfrontiert. Die enorm gestiegenen Migrationsbewegungen aus dem Nahen und Mittleren Osten und aus Afrika, Flüchtlingstragödien und damit einhergehende Schleppermachenschaften, stellen zentrale Herausforderungen für Europa und Österreich dar. Die enorm gestiegene Zahl der Asylanträge sowie die hohe Anzahl von Transitmigranten durch Österreich bringen die personellen und budgetären Kapazitäten an ihre Grenzen. Dies führte zu einem dramatischen Engpass in der Unterbringung der Asylwerberinnen und Asylwerber. Während in den Vorjahren und den ersten Monaten des Jahres 2015 vor allem die Seeroute über das zentrale Mittelmeer genutzt wurde, kam es im Frühjahr 2015 zu einer Verschiebung in Richtung der Westbalkanroute. Die an dieser Route liegenden Transitstaaten zeigten sich sehr bald überfordert und sorgten nur mehr für eine schnelle Weiterreise der Migrantinnen und Migranten.
Anfang September 2015 erreichte die größte Flüchtlings- und Migrationsbewegung seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs die österreichische Ostgrenze. Rund 676.000 Transitmigranten sind 2015 bis Jahresende durch Österreich durchgereist. Ziel dieser Menschen war in den meisten Fällen Deutschland. Österreich hat daher zu dem im Schengen Grenzkodex vorgesehenen Instrument der Einreise aus humanitären Gründen gegriffen und für eine sichere Durchreise der Transitmigranten bei Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit gesorgt.
Dieser zunehmende Migrationsdruck mit Auswirkungen auf Österreich ist kein temporäres Phänomen und erfordert daher neben kurzfristen Lösungen der Krise, mittel- und langfristige Ansätze zur Schaffung neuer organisatorischer und rechtlicher Rahmenbedingungen im Migrations- und Asylbereich.
Im Asyl- und Migrationsbereich ist das BMI durch die Flüchtlingsbewegungen aus Syrien, Afghanistan, Irak und anderen Krisenregionen sehr stark gefordert. Selten haben Ereignisse, die ihren Ursprung außerhalb Europas haben, derart große Auswirkungen auf die Situation in Österreich gehabt, wie in der zweiten Jahreshälfte 2015. Dies führte zu einem Anstieg der Asylwerber in Österreich um über 210 % gegenüber den Vergleichszahlen 2014. In absoluten Zahlen war dies ein Anstieg von knapp über 28.000 im Jahr 2014 auf an die 90.000 im Jahr 2015. Mit 31.12.2015 waren über 78.000 Personen in Grundversorgung. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Innenressorts sind monatelang an die Grenzen ihrer Belastbarkeit gegangen und haben mit Engagement und Einsatz viel zur Bewältigung der Krise beigetragen. Die mittel- und langfristigen Folgen der größten Flüchtlings- und Migrationskrise seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs werden das BMI noch über Jahre hinaus beschäftigen.
Mit Blick auf die Indikatoren des Wirkungsziels sorgt das BMI in den Bereichen Asyl, Migration und Fremdenwesen für ein rechtsstaatliches und geordnetes Management. Dazu sind insbesondere die Asylverfahren effizient und sachgerecht zu führen, die legale Migration effektiv zu steuern und Asylmissbrauch sowie illegale Migration hintanzuhalten. Im Detail ergibt sich folgendes Resümee:
1. Die Kennzahl zur Bestätigungsquote der inhaltlichen Entscheidungen des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) wurde vom Bundesverwaltungsgericht noch nicht vorgelegt, daher kann eine abschließende Beurteilung des Erfolgs nicht vorgenommen werden. Da seitens des Gerichts die Kennzahl auch in Zukunft nicht mehr in dieser Form erhoben wird, sieht sich das BMI gezwungen eine alternative Kennzahl für 2017 vorzulegen. Außer Frage steht, dass die höchst angespannte Flüchtlingssituation das mit 01. Jänner 2014 neu geschaffene BFA vor enorme Herausforderungen gestellt hat. Im Zeitraum von 1. Jänner bis 31. Dezember 2015 hat das BFA insgesamt 85.010 Entscheidungen getroffen, davon 41.312 im Asylbereich und 43.698 im Bereich des Fremdenrechts.
2. Im Bereich der legalen Migration wird die Zuwanderung unter Berücksichtigung der gesellschaftlichen und arbeitsmarktrechtlichen Bedürfnisse effektiv gesteuert, um Österreich als Wirtschaftsstandort weiter zu stärken. Mit Einführung des kriteriengeleiteten Zuwanderungssystems der „Rot-Weiß-Rot – Karte“ wurde der Anteil der qualifizierten Zuwanderung gegenüber 2011 deutlich erhöht und konnte 2015 mit 4,6% auf dem Niveau des Vorjahres gehalten werden. Der Anteil von „Rot-Weiß-Rot – Karte plus“ InhaberInnen konnte hingegen deutlich von 74% auf 98% gesteigert werden. InhaberInnen einer „Rot-Weiß-Rot – Karte“ erlangen diese, wenn sie innerhalb der letzten zwölf Monate zumindest zehn Monate unter den für die Zulassung maßgeblichen Voraussetzungen beschäftigt waren. Das zeigt, dass das Modell funktioniert und qualifizierte Arbeitskräfte das Angebot annehmen.
3. Trotz des enormen Zustroms von Asylsuchenden konnten die Zielvorgaben zum Vollzug des Asylwesens 2015 erreicht werden. Die durchschnittliche Dauer der kombinierten Asylverfahren im Jahresschnitt lag bei knapp unter fünf Monaten, die durchschnittliche Dauer in der Grundversorgung bei 330 Tagen. Aufgrund der außerordentlichen Belastungen des Asylwesens in der zweiten Jahreshälfte 2015 wuchs die punktuelle Verfahrensdauer gegen Ende des Jahres bereits über den Zielwert an, womit die Auswirkungen auf die Parameter im Vollzug erst mittelfristig messbar sein werden bzw. sich ab 2016 verschärft auswirken. Entscheidend dafür wird auch die weitere Entwicklung der Flüchtlings- und Migrationsbewegungen in den kommenden Monaten und Jahren sein.
4. Die Maßnahme zur Zurückdrängung des Asylmissbrauchs lieferte unterschiedliche Ergebnisse. Die Dauer der Asylverfahren bei negativen inhaltlichen Entscheidungen der I. Instanz betreffend Personen aus sicheren Herkunftsstaaten konnte 2015 aufgrund der extrem schwierigen externen Rahmenbedingungen nicht erreicht werden. Im Zeitraum der Schwerpunktsetzung zu Beginn des Jahres 2015 betreffend der Umsetzung inhaltlicher Entscheidungen zu sicheren Herkunftsstaaten lag die Verfahrensdauer mit 44 Tagen deutlich unter dem Zielwert. Grund für die spätere Überschreitung war die nachfolgend sehr hohe Zahl von Asylanträgen von Personen aus nicht sicheren Herkunftsstaaten, insbesondere Syrien und Afghanistan. Es kam zu einer Verschiebung der Erledigungen hin zu diesen Staaten, was eine Verzögerung der offenen Fälle aus sicheren Herkunftsstaaten bedingte und zu einer längeren Dauer für inhaltliche Entscheidungen führte. Der Anteil der Leistungsmissbrauchsfälle von Personen in der Grundversorgung hingegen fiel auf 2,4%. Mitverantwortlich dafür ist vor allem die enorm gestiegene Zahl der Grundversorgten, die bei der Berechnung mit den Kontrollen in Beziehung gesetzt wird.
5. Die Ziele im Bereich des Fremdenrechts wurden 2015 erreicht. Es wurden über 8.300 Ausreisen verzeichnet, über 5.150 davon freiwillig. Der Zielwert wurde hier deutlich überplanmäßig erreicht. Im Vergleich zum Vorjahr wurden um 40 Prozent mehr Außerlandesbringungen durchgeführt.